Proteine (Eiweiße) gehören derzeit zu den gefragtesten Makronährstoffen, die wir bei der Auswahl von Lebensmitteln finden können. Nicht ganz zu Unrecht, wenn man bedenkt, dass etwa 15 Prozent des Körpers aus Eiweiß besteht, Eiweiß im Körper als Bausubstanz verwendet wird und Proteine elementar am Immunsystem beteiligt sind.
Baumaterial für den Körper
Der Mediziner und Pharmakologe Gerardus Johannes Mulder (1802 - 1880) gilt als Entdecker des Proteins. Es wurde aus dem griechischen Wort Proteios oder protos entlehnt und bedeutet so viel wie grundlegend, vorrangig oder Erster. Der menschliche Körper nutzt tatsächlich Eiweiß als fundamentales Baumaterial.
Die Gesamtheit von Eiweiß in einem Lebewesen wird als Proteom bezeichnet. Proteine bestehen aus 20 Aminosäuren. 8 der Aminosäuren sind essentiell (lebenswichtig!), müssen also mit der Nahrung aufgenommen werden. Alle anderen Aminosäuren sind nicht-essentiell (ersetzbar, aber lebenswichtig!), können durch körpereigene Umbauprozesse aus anderen Aminosäuren hergestellt werden.
Essentielle Aminosäuren:
• Isoleucin
• Leucin
• Lysin
• Methionin + Cystein (Synthese von Methionin)
• Phenylalanin + Tyrosin (Synthese von Phenylalanin)
• Threonin
• Tryptophan
• Valin
Nicht-essentielle Aminosäuren:
• Alanin
• Arginin
• Asparagin + Asparaginsäure
• Glutamin + Glutaminsäure
• Glycin
• Histidin (essentiell im Säuglingsalter)
• Prolin
• Serin
Funktionen im Organismus
Eiweiße befinden sich in jeder Zelle des Körpers und erfüllen vielfältige Aufgaben. Dazu gehören Funktionen, ohne die ein gesunder Organismus nicht ablaufen kann:
• Produktion von Hormonen (z. B. Insulin)
• Antikörper zur Abwehr von Krankheitserregern
• Kollagenproduktion für Knochen, Haut und Bindegewebe
• Keratinproduktion für Haare und Nägel
• Eiweißkomplexe für Signalfunktion
• Produktion von Enzymen als Steuerungselemente des Stoffwechsels
• Blutgerinnungsfaktoren
• Transportmittel für Nährstoffe bzw. Substanzen
• Reproduktion von Zellsubstanz
• Energienotreserve (z. B. Muskulatur)
Biologische Wertigkeit (BW)
Die Qualität von Eiweiß in einem Lebensmittel wird durch Bildung der Menge von körperspezifischem Eiweiß aus der lebensmittelbedingten Eiweißmenge definiert. Diese Messgröße wird als biologische Wertigkeit bezeichnet. Das Eiweiß eines Vollei's wird mit dem Referenzwert 100 angegeben. Je höher der Gehalt an essentiellen Aminosäuren in einem Lebensmittel, desto höher ist die biologische Wertigkeit.
Wie viel Eiweiß hat ein Ei?
Ein Hühnerei hat durchschnittlich 13% Eiweiß. Es besteht außerdem aus Wasser, Fett, Kohlenhydraten, Vitaminen A, B2, B12, Eisen und Kalium.
Tendenziell hat das Eiweiß von tierischen Nahrungsmitteln im Durchschnitt eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Eiweißquellen:
• Hühnerei (13% Eiweiß, BW 100)
• Schweinefleisch (20% Eiweiß, BW 85)
• Rindfleisch (20% Eiweiß, BW 80)
• Geflügel (18% Eiweiß, BW 80)
• Kartoffeln (2% Eiweiß, BW 76)
• Bohnen (21% Eiweiß, BW 72)
• Mais (10% Eiweiß, BW 72)
• Reis (7% Eiweiß, BW 66)
Übrigens besitzt ein Eiweiß Shake auf der Basis von Molkenprotein eine biologische Wertigkeit von 104. Die Kombination von tierischem und pflanzlichem Protein kann die biologische Wertigkeit weiter erhöhen (Aufwertungseffekt). So hat die Kombination von Kartoffel und Ei eine biologische Wertigkeit von 137. Dabei ist nicht so sehr entscheidend, in welcher Reihenfolge die ergänzenden Lebensmittel zugeführt werden.
Die Aufwertungseffekte lassen sich verblüffenderweise in vielen landestypischen Gerichten erkennen (Bohnen mit Mais- oder Weizentortillas (Lateinamerika), Falafel mit Fladenbrot (Naher Osten), Reis mit Linsensoße (Indien) oder Linsen mit Spätzle (Deutschland)).
Eiweiß Shake
Ein Eiweiß Shake wird gerne in Fitnessstudios verkauft oder für den privaten Gebrauch genutzt, um Mahlzeiten zu ersetzen oder nach einem körperlichen Training (z. B. Muskelaufbautraining) die Regenerationsmaßnahmen des Körpers zu unterstützen.
Eiweiß Shakes helfen Kalorien einzusparen. Bei der Verstoffwechslung von Proteinen geht ca. 25 % der Nährstoffenergiemenge verloren (bei Fett und Kohlenhydraten sind es lediglich 5 %). Ein Eiweiß Shake kann als "Abnehmunterstützer" eingesetzt werden.
Für Abwechslung sorgen die Geschmacksvariationen eines Eiweiß Shakes. So kann der tägliche Eiweiß Shake individuell variiert werden. So können Eiweiß Shakes auch auf lange Sicht eine sinnvolle Nahrungsergänzung sein.
Wie viel Eiweiß pro Tag?
Der Mindestbedarf an (pflanzlichem oder tierischem) Eiweiß liegt aus wissenschaftlicher Sicht zwischen 0,4 und 0,65 g/kg Körpergewicht/Tag. Individuelle Schwankungen erhöhen diesen Wert auf 0,75 g bzw. 0,80 g Eiweiß/kg Körpergewicht/Tag (unter Einbeziehung der Verdaulichkeit einer gemischten Kost). Das entspricht in etwa täglich 50 g Eiweiß für Frauen und 60 g Eiweiß für Männer, wenn genügend Nahrungsenergie aufgenommen wird.
Hochleistungsathleten und Kraftsportler haben in der Regel einen erhöhten Bedarf an Eiweiß. Dabei kann im Schnitt von 1 bzw. 2 g Eiweiß/kg Körpergewicht/Tag ausgegangen werden.
Eiweißbedarf von verschiedenen Zielgruppen
Während der Wachstumsphase benötigt ein neugeborenes Kind etwa sechsmal so viel Eiweiß wie ein Erwachsener. Zwar nimmt mit zunehmendem Alter der Eiweißbedarf ab, bleibt allerdings während der Pubertät immer noch höher als bei einem Erwachsenen.
Senioren sollten durch die positive Wirkung einer erhöhten Eiweißzufuhr auf den Erhalt von Knochen- und Muskelmasse ca. 65 g Eiweiß/Tag aufnehmen, Schwangere und Stillende sollten zwischen 55 g (2. Trimester) und 70 g (3. Trimester) Eiweiß zu sich nehmen.
Diätwillige und Menschen, die eine geringe Nahrungsenergiezufuhr haben, decken ihren Gesamtenergiebedarf zunehmend aus dem Eiweißreservoir der Muskulatur. Dadurch sinkt allerdings der Energieverbrauch und der Körper neigt verstärkt zu Heißhungerattacken und Fetteinlagerungen. Der Jo-Jo-Effekt gilt als typische Begleiterscheinung eines verringerten Energieverbrauchs des Körpers.
Höhere Eiweißaufnahme
Die Mythen rund um eine erhöhte Eiweißaufnahme nehmen frappierende Formen an. Ein gesunder Mensch wird selbst bei einer (vorübergehenden) übermäßigen Eiweißaufnahme (+2 g Eiweiß/kg Körpergewicht/Tag) keine negativen Auswirkungen auf seine Gesundheit erwarten.
Diät- und Kostformen, die eine längere übermäßige Eiweißaufnahme propagieren, sind dagegen abzulehnen. Eine langfristige Überschreitung der Nahrungsenergiezufuhr von 35 Prozent kann zu einer Ammoniakintoxikation führen. In diesem Fall wird beim Abbau von Aminosäuren eine hohe Menge von Ammoniak frei, das normalerweise über den Harnstoffzyklus neutralisiert wird. Eine Überlastung des Systems kann dazu führen, dass nicht verstoffwechselter Ammoniak im Blut verbleibt und es schließlich zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommt.
Es ist zu beachten, dass eiweißreiche Lebensmittel säurebildend sind und die Ausscheidung von Kalzium begünstigen. Das Risiko für Osteoporose steigt. Derzeit wird von einer dauerhaften Eiweißzufuhr von über 25 Prozent der Nahrungsenergie abgeraten.
Weiterhin ist eine erhöhte Eiweißzufuhr aus tierischen Produkten nicht empfehlenswert. Gesättigte Fettsäuren, Cholesterin, Purine, hohe Mengen Salz, säurebildendes Phosphat und Sulfat sind ungünstige Nahrungsbestandteile von tierischen Produkten. Sie fördern ein Ungleichgewicht des Säure-Basen-Verhältnisses im menschlichen Körper.
Eiweiß im Urin
Zunächst einmal sind geringe Mengen Eiweiß im Urin nicht besorgniserregend, da das Eiweiß als Nebenprodukt einer gesunden Nierentätigkeit ausgeschieden wird. Höhere Mengen von Eiweiß im Urin können aber ein Hinweis auf Erkrankungen und Störungen des Körpers sein (Proteinurie).
Urinteststreifen können in diesem Rahmen eine "Erste Hilfe" sein. Ein Gehalt von 8 mg/dl gilt als unbedenklich. Allerdings ist die Aussagekraft von Urinteststreifen eingeschränkt, da nur Albumin in einer höheren Konzentration gemessen wird. Wesentlich aussagekräftiger ist die Untersuchung des 24-Stunden-Sammel-Urins oder die Methode der Gelelektrophorese (Messung der einzelnen Eiweiße im Urin).
Pflanzliches Eiweiß
In wissenschaftlichen Studien wurde nachgewiesen, dass der Ersatz von rotem Fleisch durch pflanzliches Protein. (z. B. in Form von Hülsenfrüchten) das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und die Blutfettwerte optimieren kann. Die erhöhte Aufnahme von Ballaststoffen und Antioxidantien aus pflanzlichen Eiweißquellen tragen zu einer Absenkung der Risikofaktoren bei. Ferner kann der Konsum von Hülsenfrüchten, Getreide und Gemüse den Blutdruck, Gewicht und Insulinresistenz verbessern.
Fazit
Eiweiß wird grundsätzlich noch in höheren Mengen durch tierische Produkte und ihre teilweise negativen Begleiterscheinungen aufgenommen. Pflanzliches Eiweiß ist hingegen in höheren Mengen gesundheitsförderlich. Auch aus ökologischer Sicht ist eine Reduzierung des Verzehrs von tierischen Eiweißquellen sinnvoll.